Devisenhandel – die Königsdisziplin
Infolge der Finanz- und Schuldenkrise haben sich die Kräfte deutlich erhöht, die auf die Finanzmärkte einwirken. Allem voran drücken sich die Ungleichgewichte über deutliche Verschiebungen bei den Wechselkursen aus. Trotz – oder gerade wegen – dieser Turbulenzen bietet der Devisenmarkt große Chancen für Trader. Dennoch sollten Sie sich einer Tatsache bewusst sein: Der Devisenhandel zählt unter Händlern als Königsklasse des Tradings. Wie der Devisenhandel organisiert ist, welche Chancen sich Ihnen bieten und welche Dinge den Währungssektor so anspruchsvoll machen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Währungen = Devisen = Forex
Die Begriffe Währungen, Devisen und Forex werden im Trading mehr oder weniger synonym verwendet. Der Devisenmarkt wird im Englischen als Foreign Exchange Market bezeichnet. Die gängige Abkürzung hierfür ist Forex oder einfach nur FX. Damit ist jeweils der Interbankenmarkt für den internationalen Devisenhandel gemeint. Denn für den Währungshandel existiert keine zentrale Börse wie bei Aktien – alle Transaktionen finden in diesem außerbörslichen Interbankenmarkt direkt zwischen den Marktteilnehmern statt. Die jeweiligen Broker, die Ihre Orders ausführen, sind direkt oder indirekt daran angeschlossen. Erst seit der Verbreitung des Internets und den damit aufgekommenen Angeboten der Online Broker ist Privat-Tradern ein standardisierter Zugang zum Devisenhandel möglich. Entstanden ist der Devisenmarkt in den 1970er Jahren infolge des Übergangs vom festen zum flexiblen Währungskurssystem. Da der Devisenhandel ein außerbörslicher Markt (Over the Counter, kurz OTC) ist, unterliegt er keiner staatlichen Aufsicht und ist somit unreguliert. Das wiederum ist eher ein Nachteil, da der Handel aufgrund der fehlenden zentralen Abwicklungsstelle vergleichsweise intransparent ist. Die genauen Abschlüsse sind in der Regel nur den beiden Transaktionspartnern bekannt.
Die Notierung der Wechselkurse
Wachsendes Handelsvolumen
Die Entwicklung der Währungsmärkte ist vergleichbar mit der der Rohstoffmärkte. Aufgrund der wachsenden Wirtschaftsverflechtungen verschiedener Währungsräume unterliegen der Kurswert und die Kaufkraft einer Währung gegenüber anderen Währungen ständigen Einflüssen von außen und damit entsprechend starken Schwankungen, die durch die vielen Transaktionen der Marktteilnehmer entstehen. Aus diesem Grund verändern sich die Kurse der Währungspaare fortlaufend. Die meisten Transaktionen finden dabei in den Majors, also den Hauptwährungen statt. Diese umfassen mehr als 85 Prozent des weltweiten Forex-Handelsvolumens und sind aufgrund der damit verbundenen enormen Liquidität und niedrigen Spreads für Trader besonders interessant. Die Hauptwährungen sind US-Dollar (USD), Euro (EUR), Japanischer Yen (JPY), Britisches Pfund (GBP), Schweizer Franken (CHF), Kanadischer Dollar (CAD) und Australischer Dollar (AUD). Im Folgenden gehen wir genauer auf die Besonderheiten des Devisenmarktes ein.
Handel 24/5
Enorme Liquidität
Der Forex-Markt ist der liquideste und größte Markt der Welt. Der durchschnittliche Tagesumsatz betrug nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im Jahr 2010 rund vier Billionen Dollar (zum Vergleich: 3,3 Billionen im Jahr 2007). Damit übertrifft der Devisenmarkt die Volumina aller anderen Finanzmärkte bei weitem. Dies führt zu engen Spreads, wodurch die Slippage-Kosten sinken und sowohl Kauf- als auch Verkaufsorders schnell ausgeführt werden. Trader können am Forex-Markt daher mit einer fairen Preisbildung rechnen. Die Hauptvolumina (90 bis 95 Prozent) werden von den weltweit größten Geschäftsbanken, ob im Kundeninteresse oder im Eigengeschäft, getätigt. Eine zunehmende Zahl von Brokern und Banken gewährt heute auch Privatanlegern über das Internet Zugang zum Devisenhandel.
Geringe Kosten und hohe Hebel
Da der Forex-Markt ein Interbankenmarkt ist und somit keine zusätzlichen Kommissionen für die Dienstleistungen einer Börse anfallen, ist der Handel dort vergleichsweise günstig. So muss der Trader, je nach Modell des Brokers, nur den Spread oder eine Kombination aus Spread und Kommission zahlen. Je enger der Spread, desto besser für den Trader. Da der Devisenmarkt sehr liquide ist, stehen die Chancen auf enge Spreads in der Regel ziemlich gut. Zugleich ist der Spread ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Brokers (beziehungsweise in Kombination mit Kommissionen zu betrachten). Trader sollten jedoch darauf achten, ob der Spread fix oder flexibel ist. In turbulenten Zeiten kann dies ein deutlicher Unterschied sein, wenn es plötzlich zu einer Ausweitung kommt. Zusätzlich sind im Währungshandel die für Trades zu hinterlegenden Margins sehr gering. Je nach Broker betragen sie mitunter nur ein Prozent, im Extremfall noch weniger. Damit bieten die Broker ihren Kunden einen hohen Hebel an. Bei einer Margin von einem Prozent liegt der Hebel auf das hinterlegte Kapital bei 100 (Berechnung: 1 / Margin = 1 / 0,01 = 100). So können selbst Trader mit geringem Handelskapital große Positionen aufbauen. Dabei ist zu bedenken, dass der Hebel in beide Richtungen wirkt: Gewinn und Verlust. Viele Trader haben den Vorteil eines hohen Hebels überreizt und damit ihr Konto gegen die Wand gefahren. Aus diesem Grund muss das Risiko-Management stets an erster Stelle stehen – ohne Ausnahme.
Weitere Vorteile des Devisenhandels
Crossrates
Eine interessante Möglichkeit ist der Handel mit sogenannten „Crossrates“. Das sind jene Währungspaare, bei denen keine der beiden Komponenten der US-Dollar ist. Hier kann man beispielsweise von einer Abwertung des Britischen Pfunds gegenüber dem Japanischen Yen profitieren, auch wenn das Pfund gegenüber dem Euro oder Dollar unverändert notiert. Auf diese Weise ergeben sich zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten. Die Kurse der Crossrates ergeben sich rechnerisch aus Handelspaaren der Hauptwährungen – so zum Beispiel EUR/CHF aus EUR/USD multipliziert mit USD/CHF.
Handelswege
Zwei verschiedene Handelswege für Devisen gibt es grundsätzlich: den Handel über die Börse oder das direkte Interbankengeschäft. Obwohl der Forex-Markt außerbörslich organisiert ist, kann man an den Börsen Währungs-Futures traden, die den Futures-Kontrakten auf Rohstoffe oder Indizes sehr ähnlich sind. Dies sind standardisierte Termingeschäfte, deren Rahmenbedingungen wie Verfallsdatum oder Kontraktgröße von den Börsen bestimmt werden. Im Gegensatz dazu können die im Interbankenmarkt – also außerbörslich – gehandelten sogenannten „Forwards“ individueller gestaltet werden. Zudem bildet sich der Kassa-Kurs (Spot-Preis) im Interbankenmarkt. Obwohl es das eine oder andere Angebot für Devisen-Futures gibt, werden Währungen überwiegend im Interbankenmarkt getradet – entweder direkt zwischen den Banken oder indirekt durch Privatanleger mittels Broker. Der entscheidende Vorteil des Interbankenhandels gegenüber Währungs-Futures besteht darin, dass der Trader wesentlich flexibler ist und seine Positionsgröße selbst festlegen kann, während er im Future einen kompletten MiniFX oder einen normalen Kontrakt handeln muss, so wie ihn die Börse vorgibt. Dafür ist der Handel über die Börse transparenter und alle Teilnehmer – vom privaten Händler bis hin zum Hedge Fonds – traden zum selben Kurs und zahlen dieselben Gebühren.
Einflussfaktoren
Der Wert einer Währung im Vergleich zu einer anderen hängt von vielen verschiedenen Gegebenheiten ab. Wichtigster fundamentaler Faktor ist die Stärke der inländischen Wirtschaft und die Geldmarktpolitik der Zentralbanken. So haben zum Beispiel niedrige Wechselkurse einen positiven Einfluss auf den Export, da die Preise der Produkte international sinken und somit wettbewerbsfähiger sind. Devisenhändler sollten vor allem auf die Ergebnisse der Sitzungen der Zentralbanken in den USA, in Japan und in der EU achten. Die Fragen lauten hier: Werden die Leitzinsen erhöht oder gesenkt? Und wurden die Erwartungen erfüllt? Die Zinsen wirken sich deutlich auf die Inflation und den Wert einer Währung aus. Volkswirtschaftliche Entwicklungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für den Devisenhandel. Entscheidende Faktoren sind hier unter anderem das Bruttosozialprodukt, die Arbeitslosigkeit oder der Verbraucherpreisindex, da sie den Zustand eines Wirtschaftsraums widerspiegeln.
Der richtige Forex-Broker
Devisenhandel für private Trader
Beim Devisenhandel lohnen sich Geschäfte meist erst ab einer Größenordnung von mindestens 100.000 Euro. Natürlich kann nicht jeder private Händler über solche Mittel verfügen. Die Lösung für dieses Problem ist der hohe Hebel, den die meisten Broker anbieten. Um beispielsweise ein 100.000 Euro-Geschäft abzuwickeln, braucht man bei einer Margin von einem Prozent nur 1000 Euro zu hinterlegen. Auf der einen Seite kann man durch den Hebel beträchtliche Gewinne erzielen, sofern sich der Devisenkurs in die erwartete Richtung entwickelt. Aber auf der anderen Seite kann es natürlich auch zu enormen Verlusten durch den Hebel kommen, sollte sich der Kurs in die falsche Richtung bewegen.
Technische und Fundamentale Analyse
Wie in allen anderen Märkten gibt es auch im Devisenmarkt zwei grundlegende Analysemöglichkeiten: Technische Analyse und Fundamentalanalyse. Während sich Erstere systematisch mit Charts, Mathematik, Unterstützungen und Widerständen et cetera auseinandersetzt, basiert Letztere auf wirtschaftlichen und politischen Faktoren. Jeder Trader sollte immer diejenige Strategie auswählen, mit der er sich am wohlsten fühlt. Sollten Sie sich für die Fundamentale Analyse entscheiden, müssen Sie schnell auf Informationen und Nachrichten reagieren und ein tiefes Verständnis für die Märkte und ihre Funktionsweise entwickeln. Wählt man die Technische Analyse, muss man sich im Vorfeld darüber Gedanken machen, welcher konkrete Ansatz zum eigenen Trading-Stil passt. Auch eine Kombination beider Ansätze ist denkbar.
Fazit
Der Devisen-Markt bietet – oft unabhängig von anderen Märkten – interessante Trading-Möglichkeiten, mit denen Privat-Händler von Wechselkursveränderungen profitieren können. Sei es im Bereich des klassischen Daytradings, zur Absicherung gegen Kursschwankungen oder als Beimischung unabhängiger Strategien im Depot. Die Vorteile liegen in der hohen Liquidität und Flexibilität des Marktes, im 24-Stunden-Handel sowie in den niedrigen Kosten. Darüber hinaus bieten die Devisenmärkte immer wieder klare kurzfristige Trends. Über das Margin Trading und den damit verbundenen hohen Hebeln ist der Devisenhandel besonders für Trader mit geringer Kapitalausstattung interessant. Trader haben zudem die Möglichkeit, sich zwischen dem flexibleren Interbankenmarkt einerseits und der Börse mit standardisierten Futures andererseits zu entscheiden. Dabei kann ein Investor aus zahlreichen Trading-Instrumenten und Strategien auswählen und diese gegebenenfalls miteinander kombinieren. Falls Sie sich für den Interbankenhandel entscheiden, sollten Sie unbedingt auf die richtige Wahl Ihres Brokers achten. Vor allem für technisch orientierte Trader eignet sich der Devisenhandel hervorragend, da Chart-Muster häufig leicht erkennbar sind und Strategien ohne großen Aufwand getestet werden können. Abschließend sei erwähnt, dass die neuen Entwicklungen hinsichtlich Handelsplattformen, Software- Technologien und so weiter mittlerweile auch außerhalb der Handelsräume internationaler Banken einen professionellen Handel zulassen.
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