Komfortzone beim Traden
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Traden lernen – Die Komfortzone beim Traden

Welcher Tradertyp bist du?

Diese Frage ist tatsächlich -neben so vielen Anderen- analog zur Ausarbeitung der persönlichen Handelsstrategie unverzichtbar. Ziel muss es sein den persönlichen Handelsstil im Einklang zur individuellen Wesensart zu entwickeln. Was ich im Folgendem als Wohlfühlfaktor bzw. Komfortzone betiteln möchte.

Neben dem eigenen Wohlfühlfaktor spielen zusätzlich Umstände wie Zeit, Geld und Erfahrung eine wichtige Rolle. Im ersten Teil dieses Beitrages stelle ich Ihnen jedoch zunächst einmal die wichtigsten menschlichen Charaktere vor und richte Ihr Augenmerk auf das Zusammenspiel zwischen der individuellen Psyche und der Handels- bzw. Investmentart.

Persönlichkeitsprofile

Die Grundgedanken zum menschlichen Charakter sind vielfältig und komplex. In der Wissenschaft gibt es verschiedene Ansätze, wie man Menschen anhand ihrer Konstitution, also des Körperbaus, sowie ihrer Wesensart von einander unterscheiden kann, um dann bestenfalls Rückschlüsse auf ihr Verhalten zu ziehen. Diese Theorien werden immer noch sehr häufig im Zusammenhang mit der Führung und Motivation von Mitarbeitern gelehrt – auch wenn Sie veraltet erscheinen. Eine von ihnen ist die umstrittene Konstitutionstypologie nach Ernst Kretschmer. Hier werden Menschen anhand ihres Körperbaus in drei unterschiedliche Arten unterteilt. Im Folgenden möchte ich diese nur kurz anhand der Grafik erläutern, um einen groben Einblick zu gewähren.

KonstitutionstypenGanz links sehen wir den Leptosome (schlank, schmale Schultern, schwache Muskeln), mittig den Athletiker (breite Schulter, kräftige Muskeln) und rechts den Pykniker (gedrungene Figur, Fettansatz am Bauch, weiches breites Gesicht). Wie bereits erwähnt, zeichnen sich diese zusätzlich durch gewisse Charaktere aus. Dem Leptosome unterstellt man Kühlheit, Überempfindlichkeit und Denkschärfe. Der Athletiker scheint ausdauernd, zuverlässig und geistig wenig wendig zu sein und der Pykniker ist eher extrovertiert, gutmütig und gefühlsbestimmt. Die Grenzen sind wie so oft im Leben fließend und auch hier gibt es selbstverständlich Mischformen.

Wenn man versucht diese „Typenlehre“ auf sich selbst zu projizieren, wird der eine oder andere mit Sicherheit denken „Volltreffer“, andere finden sich wiederum gar nicht wieder. Was man aber auf jeden Fall aus dieser Theorie ableiten kann, ist das Menschen grundsätzlich verschieden sind, es aber einige wenige charakterliche Ausprägungen gibt, die bei vielen gleich erscheinen.

Besagte Wesenstypen haben sich im Laufe der Evolution herauskristallisiert und sind bis heute – mit Einschränkungen – gültig:

  • Der Optimist (heiter, lebhaft und leichtsinnig, unstetig und skrupellos)
  • Der Choleriker (willensstark und entschlossen, leicht erregbar und unausgeglichen)
  • Der Melancholiker (verlässlich und willensstark, schwermütig sowie misstrauisch)
  • Der Phlegmatiker (ordentlich und zuverlässig, langsam und ruhig)

Im Übrigen wird man sich oder andere auch in dieser Art der Differenzierung wiederfinden. Grundsätzlich halte ich beide Theorien für interessant, in ihrer Anwendung sollte man sie allerdings nicht überbewerten. Wie gesagt, den einen oder anderen Prototypen wird man prinzipiell ohne Weiteres einstufen können, wenn man sich Freunde, Bekannte oder Verwandte vor Augen führt.

Mir persönlich war es wichtig Ihnen diese zwei unterschiedlichen Ansätze der Typisierung – nach Körperbau und Wesensart- vorzustellen, auch wenn diese, wie bereits angedeutet, ihre Schwächen aufweisen.

Kopfmensch KarikaturEine weitere Art der Klassifizierung erfolgt anhand der Denkweise. Man spricht in diesem Fall von Bauch – und Kopfmenschen. Beide handeln in der gleichen Situation oft unterschiedlich. Kopflastige Menschen sind vor allem rational geprägt und bauchlastige eher emotional (hoher EQ).

Dem Bauchmensch ist der Pykniker und dem Kopfmensch der Leptosome zuzuordnen, um eine Brücke zu dem bereits berichteten zu schlagen.

Der Kopfmensch besitzt Eigenschaften wie Rationalität, gute analytische Ansätze, Emotionslosigkeit, Denkschärfe und einen hohen klassischen IQ.

Der Bauchmensch ist dann doch eher intuitiv, emotional sowie mitreißender und besitzt eine hohe soziale Kompetenz.

Selbstverständlich liegt auch hier die Wahrheit bekanntlich irgendwo in der Mitte.

Festzuhalten bleibt jedoch, dass wir Menschen in gewisser Weise durchaus bestimmten Verhaltensmustern folgen und uns dies Rückschlüsse auf deren Verhalten liefert. Eine Erkenntnis die für unsere Art zu traden von enormer Bedeutung ist.

Traderprofile

Trader kann man aufgrund ihres Verhaltens ebenfalls unterscheiden. Diese werden grundsätzlich in drei Typen unterteilt. Ob Daytrader, Positionstrader oder Investor, hier erfolgt die Differenzierung nach Haltedauer der Positionen. Ein Daytrader schließt seine Positionen grundsätzlich zum Ende des Handelstages. Er ist überwiegend in den kleineren Zeiteinheiten unterwegs – größere dienen nur der Richtungsweisung.

Ein Positionstrader lässt seine Trades für gewöhnlich mehrere Tage bis Wochen laufen – kleine Zeiteinheiten werden hier vor allem für „perfekte“ Einstiege genutzt.

Der Investor ist eher an langfristigen Geschäften interessiert und mit seine Positionen mitunter über mehrere Jahre verheiratet. Warren Buffet, George Soros und Jim Rogers sind auf diesem Gebiet die erfolgreichsten und zählen zu den Gurus der Szene.

Konsens

Wie kann man diese Erkenntnisse nun zusammenführen und in die eigene Handelsstrategie unterstützend einbeziehen.

Umso kleiner die Zeiteinheiten im Chart gewählt werden, desto nervöser wird in den meisten Fällen das Gesamtbild. Schaut man sich benannte Kerzen dann in größeren Zeiteinheiten an, kann man immer wieder feststellen, dass diese viel entspannter und ruhiger wirken. So in etwa kann man den folgenden Vergleich zwischen Bauch- und Kopfmenschen in ihrer Wahrnehmung beim Traden verstehen.

Fakt ist, dass sich klassische Bauchmenschen durch ihre Wesensart tatsächlich nicht sonderlich gut zum Daytrading -vor allem in den ganz kleinen Zeiteinheiten- eignen, weil ihr Gemüt zu emotional erscheint. Da diese Menschen eine gewisse Unruhe mitbringen und instinktiv eher aus dem Bauch heraus entscheiden, wäre dies in Kombination mit dem Handelsstil eine unkomfortable und explosive Mischung. Für mittel- bis langfristige Investments halte ich diesen Typ dennoch für sehr gut geeignet, da sie auch über die nötige Willensstärke verfügen.

Der Kopfmensch bringt auf den ersten Blick die besten Grundvoraussetzungen für das Daytraden mit. Durch seine ruhige, ausgeglichene Art und rationale Denkweise wird er im kurzfristigen Handel am Ehesten einen kühlen Kopf bewahren. Gerade ihre analytische Stärke in Kombination mit dem emotionslosen Verhalten bilden im Allgemeinen sehr gute Voraussetzungen für den Job als Daytrader.

Was ich Ihnen mit meinen Ausführungen an die Hand geben möchte ist, dass Sie sich mit Ihrem „Ich“ beschäftigen müssen. Sie benötigen dazu kein Psychologiestudium. Es reicht, wenn Sie während des Börsenhandels einfach ab und zu mal in sich hören, um festzustellen, ob Sie sich bei Ihrer Art zu traden wohl fühlen bzw. in ihrer Komfortzone handeln oder ob Sie extrem angespannt und mitunter aggressiv werden – außerhalb der Komfortzone. Diese Empfindung ist tatsächlich sehr individuell und muss von jedem selbst gemacht und abgestimmt werden.

Unabhängig davon sollten Sie zusätzlich dafür sorgen, dass Sie sämtliche Nebengeräusche (Musik, lauter Rechner…) und weitere Stressoren (unausgeglichene Kinder) ausblenden – sinnbildlich die Tür zumachen und sich die nötige Ruhe verschaffen. Gerade wenn Sie das Geschäft von zuhause aus betreiben, kann es mitunter schnell mal hitzig werden. Es sollte Sie und Ihre Familie mindestens eine Tür zur Pforte der Finanzwelt trennen. Häufig ist nicht nur das wie, sondern auch das wo entscheidend. Ich spreche jetzt nicht unbedingt vom Yin und Yang des Traderbüros aber es ist bewiesen, dass man sich an einem schönen und aufgeräumten Arbeitsplatz wohler fühlt als in einer Rumpelkammer.

Wo wir wieder beim Punkt Komfortzone wären. Wie Sie sehen, besteht der Erfolg beim Traden aus ganz vielen kleinen Puzzleteilen, die jeder für sich nach und nach ausprobieren und zusammenführen muss.

Fazit

Faktisch kann man Mensch aufgrund äußerer und innerer Aspekte kategorisieren, was einem wiederum ermöglicht Rückschlüsse auf ein Gewisses Verhalten in bestimmten Situationen zu ziehen. In der Theorie recht einfach, gestaltet sich dies in der Praxis jedoch relativ schwierig. Man kann meist keine festen Grenzen ziehen. Jeder kennt sich selbst am besten und weiß wo er sich einordnen kann. Wichtig ist, dass Sie sich darüber Gedanken machen.


Bildmaterial: © Dirk Ercken/Shutterstock

 

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