Charttechnik und ihre Anwendung
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Charttechnik und ihre Anwendung

Die Charttechnik ist ein Teilgebiet der Technischen Analyse und wird vor allem im kurzfristigen Börsenhandel, dem Trading, eingesetzt. Mittels der Chartanalyse sollen Bewegungen im Chart analysiert und Muster erkannt werden, um so Rückschlüsse auf den zukünftigen Kursverlauf schließen zu können. Die Charttechnik eignet sich im Börsenhandel hervorragend für die Entwicklung einfacher Einsteiger-Strategien. Mit wenigen Hilfsmitteln können passende Ein- und Ausstiegspunkte gefunden werden.

Geschichte der Charttechnik

Die ersten Anfänge der Charttechnik und damit zur Technischen Analyse sind auf Charles Dow Ende des 19. Jahrhunderts zurückzuführen. Charles Dow stellte sechs Theorien über den Verlauf der Märkte auf. Eine von diesen besagt, dass die Märkte in Trends verlaufen. Er definierte die Primär-, den Sekundär- und unbedeutende Trends.

In den 1930er Jahren schuf Ralph Nelson Elliott das Elliott-Wellen-Prinzip, dessen Grundsatz auf der Theorie von Charles Dow beruht: Die Märkte verlaufen in Trends. Elliott ging aber noch eine Stufe weiter und stellte fest, dass ein Trend aus fünf steigenden Wellen und drei fallenden Wellen besteht und legte genaue Regeln zur Chartanalyse fest, die in jeder Zeiteinheit ihre Gültigkeit haben.

Mit Einführung des Personal Computers in den 1970er Jahren tauchten eine große Anzahl von technischen Indikatoren und Oszillatoren im Börsenhandel zur Analyse der Charts auf. Die Grundlage ist die Berechnung mit den Kursen einer bestimmten Periode. Die Bekanntesten sind die Gleitenden Durchschnitte (GD), der Relative Stärke Index (RSI), der MACD, der Commodity Channel Index (CCI) oder die Stochastik.

Chartarten in der Charttechnik

Charts können in verschiedenen Formen dargestellt werden, wie z.B. in Linien-, Balken- oder Candlestick-Charts. Weniger gebräuchliche Arten sind Point&Figure-Charts, Renko-Charts, Three-Line-Break-, Renko- oder Kagi-Charts.

Linien-Chart

Bei diesem Chart werden die Schlusskurse einer Periode mit einem Punkt eingezeichnet und diese mit einer Linie verbunden. Diese Darstellung hat eine sehr geringe Aussagekraft. Beim Trading mit Elliott-Wellen können die einzelnen Wellen in einem Linie-Chart besser definiert werden.

Balkenchart

Mittels vertikaler Balken wird die Kursspanne (Hoch- und Tiefkurs) einer Periode angezeigt. Zusätzlich werden links und rechts des Balkens die Eröffnungs- und Schlusskurse in Form einer kleinen horizontalen Linie angezeigt. In diesem Chart wird sehr gut die Volatilität und das eventuelle Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erkannt.

Candlestick-Charts

Diese Darstellungsform ist sehr alt und geht auf den japanischen Reishandel im 17. Jahrhundert zurück. In der westlichen Welt des Börsenhandels hielt sie mit den Veröffentlichungen von Steve Nison erst in den 1990er Jahren Einzug. In der Technischen Analyse werden die Candlesticks mit einem so genannten Kerzenkörper und den jeweils ober- und unterhalb der Kerze befindlichen Dochten, die die Hoch- und Tiefpunkte der jeweiligen Periode anzeigen, dargestellt. Die oberen und unteren Linien des Kerzenkörpers stellen den Eröffnungs- und Schlusskurs dar. Bedeutend ist hierbei die Farbe des Kerzenkörpers. Ist dieser schwarz, so liegt der Eröffnungskurs höher als der Schlusskurs und stellt die Kraft der Bären dar. Es deutet auf fallende Märkte hin. Bei den weißen Kerzen ist das Verhältnis umgekehrt.

Mittels der Kerzendarstellung lässt sich eine Vielzahl an Informationen über den Kurs und den zukünftigen Verlauf filtern als mit den herkömmlichen Methoden. Die Kerzen bilden Formationen aus, die eine höhere Aussagekraft über den Trendverlauf und eine mögliche Umkehr besitzen.

Umkehrformationen mit einer hohen Zuverlässigkeit sind z.B. Engulfing Pattern, Doji, Hammer, Morning bzw. Evening Star. Anhand solcher Formationen können erste einfache Trading-Strategien entwickelt werden.

Der Trend

„The Trend is your friend“ ist ein sehr bekannter Spruch aus dem Börsenhandel. Die Trenderkennung ist die einfachste Form der Chartanalyse und leicht zu erlernen. Der Handel mit dem Trend liefert sehr gute Einstiegssignale. Eine Position läuft als Gewinn bis zur Abschwächung des Trends, welche ein Ausstiegssignal liefert. Im Trading sind Stops unverzichtbar. Markante Hoch- und Tiefpunkte können als Stop-Marken genutzt werden.

Ein Aufwärtstrend definiert sich aus höheren Hochs und höheren Tiefs. Visualisiert wird der Trend mittels Trendlinien. Werden die steigenden Tiefpunkte miteinander verbunden, erhält man die Trendlinie, die den Aufwärtstrend definiert. Werden zusätzlich noch die Hochpunkte miteinander verbunden, entsteht ein Trendkanal. Die Trendrichtung, Umkehrpunkte und das Abschwächen eines Trends werden damit wesentlich besser sichtbar.

Erste Anzeichen für einen Trendwechsel sind der Durchbruch durch eine Linie entgegen des aktuellen Trends. Bestätigt wird der Trendbruch, wenn der Kurs es nicht noch einmal in den Trendkanal läuft, sondern von unten an der Kanallinie abprallt.
Eine Fortführung des Trends findet im Liniendurchbruch in Richtung des aktuellen Trends seine Bestätigung. Meist ist ein erhöhtes Volumen vorhanden.

Innerhalb eines Trends gibt es Sekundärtrends. Sie verlaufen oftmals gegen die Richtung des Haupttrends. Sie spielen bei der Erkennung und Definition von Chartformationen eine wichtige Rolle.

Mittels horizontal verlaufender Trendlinien lassen sich Unterstützungs- und Widerstandslinien darstellen.
Liegen Tiefpunkte in einer waagerechten Linie, stellen sie eine Unterstützungslinie dar. Mehrere Hochpunkte in gleicher Höhe werden als Widerstandslinie bezeichnet.
Einfach mit einem Bild dargestellt: Wirft man in einem Raum einen Gummiball auf den Fußboden und er prallt von diesem ab, stellt der Boden die Unterstützung dar. Springt der Ball daraufhin gegen die Zimmerdecke und prallt dort ebenfalls ab, ist die Decke der Widerstand.

Kurse, die zwischen Unterstützungs- und Widerstandslinien verlaufen, bewegen sich in einer so genannten Range, die eine Konsoldierung darstellt. Der Trend ist nicht mehr intakt, die Marktteilnehmer verunsichert. Es ist keine klare Richtung zu erkennen und der Kurs pendelt in einem bestimmten Bereich hin und her.
Durchbricht der Kurs die Range in einem bisher vorherrschenden Aufwärtstrend nach oben, so kann mit einer Trendfortsetzung gerechnet werden. Durchbricht er hingegen die Range entgegen des vorangegangenen Trends nach unten, so kann dies einen Trendwechsel bedeuten. Aus der bisherigen Bewegung geht der Markt in eine Korrektur über.

Chartformationen

Mit Hilfe der Trendlinien werden Chartformationen aufgezeigt. Beim genaueren Betrachten der eingezeichneten Linien lassen sich Chartformationen wie Schulter-Kopf-Schulter-Formation, Untertasse, Flagge, Wimpel, Dreiecke, Doppel-Top und andere erkennen, die für die Charttechnik eine sehr wichtige Rolle spielen. Bei den Chartformationen wird in Umkehr- und Fortsetzungsformationen unterschieden, mit denen sich im Trading Trendwenden und –fortsetzungen schneller erkennen lassen. Die Einstiege können optimiert werden und frühzeitiger erfolgen. Ausstiege können an markanten Punkten präziser festgelegt werden.

Umkehrformationen

Schulter-Kopf-Schulter-Formation

Die so genannte Schulter-Kopf-Schulter-Formation ist wohl die bekannteste Umkehrformation mit einer sehr hohen Trefferquote.
Diese Formation besteht aus drei Kursspitzen, wovon die linke und rechte unterhalb der mittleren liegen und damit die linke und rechte Schulter bilden. Die Nackenlinie, die aus den Tiefpunkten gebildet wird, fungiert als Unterstützungslinie und sollte durchbrochen werden, um als Signal für einen Trendwechsel zu gelten. Wird die Linie nicht durchbrochen, so zählt dies Form als Fortsetzungsformation.

Untertasse bzw. umgekehrte Untertasse

Der vorherrschende Aufwärtstrend schwächt sich ab, das Volumen nimmt ab, es werden keine neuen Hochs gebildet, bis die ersten Anzeichen eines Abwärtstrends, fallende Hochs und fallende Tiefs, einsetzen. Diese Formation bildet einen flachen Halbkreis, der einer Untertasse ähnelt. Mit dem Durchbruch durch den so genannten Tellerrand ist die Trendwende vollzogen. An diesem Punkt tritt häufig ein wesentlich höheres Volumen als bisher auf.

Zweifach- und Dreifachhochs

Zwei- bzw. Dreifachhochs bilden ausgeprägte Kursspitzen mit einem anschließenden Kursfall unter die Unterstützungslinie, die am Tiefpunkt der Formation liegt. An der Durchbruchsstelle tritt meist ein hohes Volumen auf.

Umgekehrtes Dreieck

Hier entstehen aus einem aktuellen Trend heraus immer noch steigende Hochs, aber auch Tiefs auf gleicher Höhe, die eine Unterstützung darstellen. Meist wird ein umgekehrtes Dreieck von einer letzten großen Bewegung begleitet, ehe die Kurse unter die Unterstützungslinie fallen. Es sind die Punkte, an denen häufig sehr große und schnelle Kursbewegungen entstehen.
Fortsetzungsformationen

Symmetrische, fallende und steigende Dreiecke und Wimpel

Dreiecke zeugen von Unsicherheit der Marktteilnehmer. Ein Trend schwächt sich ab, bildet noch höhere Tief aber auch schon tiefere Hochs. Diese Phasen sind vor allem von einem fallenden Volumen geprägt. Diese Phasen bilden die Spitze des Dreiecks. Durch eine Volumenzunahme erfolgt der Ausbruch in Richtung des aktuellen Trends.

Flagge

Eine Flagge stellt einen Sekundärtrend entgegengesetzt des Primärtrends dar und kann auch als Konsoldierung angesehen werden. Entsprechend der Trenddefinition werden hier tiefere Tiefs und tiefere Hochs gebildet. Meist ist diese Zone von einem geringeren Handelsvolumen als im Primärtrend geprägt. Der Ausbruch erfolgt mit Bruch der Trendlinie.

Es zeigt sich also, dass die Charttechnik und deren Analysemethoden eine Vielzahl von Möglichkeiten für ein gewinnbringendes Trading bietet.

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1 Kommentar

Thomas 4. August 2015 at 17:31

Toller Artikel, aber vor allen Dingen auch informativ. Hier kann man sich auf jeden Fall genau über dieses Thema informieren.

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