Scalping
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Scalping – Die Königsdisziplin beim Daytrading

Das Scalping ist eine sehr beliebte, interessante und vor allem schnelle Strategie beim Daytrading. Oft werden binnen wenigen Sekunden Positionen eröffnet und geschlossen.

Schon in der Kinderzeit, beim Lesen von abenteuerlichen Wild West-Büchern kam so manch späterer Trader mit dem Begriff des „Scalpierens“ in Berührung. Es waren die Indianer, welche als Beute den weißen „Westmännern“ kurzerhand die Kopfhaut – den Scalp – abzogen. Und genau danach wurde auch eine der aggressivsten und anspruchsvollsten Tradingstrategien benannt. Es geht darum, aus dem Kurs kleinste Gewinne sozusagen herauszuschneiden, zu scalpieren.

Dabei geht es nicht darum, einen langfristigen Trade einzugehen und hoffentlich hohe Gewinne zu realisieren, sondern um das ganz schnelle Rein und wieder Raus aus dem Markt. Während der Begriff des Daytradings recht einfach erklärt werden kann, weil es darum geht Positionen innerhalb eines Tages zu eröffnen und zu schließen, gibt es beim Scalpen keine genaue Definition.

Manch einem Scalper sind schon 30 Sekunden zu viel, andere bleiben auch ein paar Minuten länger im Markt. Das kommt natürlich auch wieder auf die jeweilige Mentalität und Strategie an.

Eine fundamentale Analyse spielt dabei eine untergeordnete Rolle, obwohl es auch beim Scalping wichtig ist zu wissen, wann relevante Wirtschaftsdaten veröffentlicht werden. Gerade vor der Veröffentlichung einiger Daten kommt es zu den beliebten Kursausschlägen, in welchen sich Scalper gerne ein Stück herausschneiden. Zum größten Teil nimmt der Scalper aber die charttechnische Analyse zu Hilfe, um kleinste Ausschläge nach oben oder unten schnell auszunutzen.

Eine beliebte Möglichkeit unter Scalpern ist dabei auch der Versuch, durch einen Blick ins Orderbuch die Kursschwankungen vorauszusagen.

Im Orderbuch können Trader einsehen, welches Volumen beispielsweise bei einem bestimmten Währungspaar im Markt verfügbar ist. Anhand von „Bid“ (Geldkurs) und „Ask“ (Briefkurs) kann der Trader erkennen, wie viele andere Marktteilnehmer gerade kaufen oder verkaufen. Dadurch lassen sich dann mitunter Spekulationen auf den kurzfristigen Kursverlauf stellen. Dies gilt natürlich auch für den Aktienmarkt. Gibt es Anhaltspunkte für einen Kursanstieg oder entsprechenden Fall, heißt es schnell sein.

Doch genau bei der Schnelligkeit gibt es auch ein Problem. Denn der Broker muss dazu die Ausführung der Short- oder Long-Order entsprechend umsetzen. Dauert dies zu lange, könnten auch erhebliche Verluste die Folge sein. Beim Scalping wird schließlich nicht gewartet, wie der Kurs sich weiter entwickelt und ob beispielsweise nach einem Pullback der Kurs wieder den Trend aufnimmt, es wird einfach die kleine kurze Marktbewegung von wenigen Pips mitgenommen. Langfristige Trends sind bei dieser Strategie Nebensache.

Natürlich können dadurch pro einzelnen Trade nur wirklich sehr kleine Gewinne erzielt werden. Entweder müssen Scalper deshalb ein großes Tradingkonto ihr Eigen nennen, einen entsprechend hohen Hebel (Leverage) verwenden oder gemäß der alten Bauernregel „Kleinvieh macht auch Mist“ ganz viele kleine Trades pro Tage eingehen.

Das ist allerdings der nächste und wahrscheinlich größte Nachteil dieser Strategie. Denn wer sich für das Scalping entscheidet, braucht sehr viel Zeit. Für nebenberufliche Trader kommt diese Strategie also kaum in Frage. Zudem lohnt sich der Zeitaufwand bei entsprechend kleinerem Konto am Ende des Tages wahrscheinlich kaum. Es reicht im Vergleich zu vielen anderen Strategien nicht, früh morgens einen Trade einzugehen und dann den Tag über abzuwarten, ob der Markt es heute gut mit einem gemeint hat. Nein, gute Scalper gehen teilweise über hundertmal in die verschiedensten Märkte rein und schnell wieder raus.

Viele kleine Gewinne am Tag bedeuten aber leider auch, dass ein einziger größerer Verlusttrade, die ganze Arbeit des Tages wieder zu Nichte machen kann. Deshalb ist die direkte, unverzügliche Orderausführung so wichtig. Ein enger Stopp-Loss von maximal 10 Pips sollte, wenn zeitlich möglich, immer als Absicherung dienen. Manche Scalper treffen ihre Entscheidungen rein und raus zu gehen jedoch so schnell, dass dieser eben gar nicht immer gesetzt werden kann. Und da besteht wohl auch das größte Risiko, denn verpasst der Scalper per Hand schnell genug den Markt zu verlassen, vielleicht auch weil die Internetverbindung gerade abgebrochen ist oder der Router hängt, drohen ziemlich derbe Verluste.

Ein weiteres Problem ist die Gewinnmitnahme, welche als Richtwert schon beim 1-1,5fachen des Spreads erfolgt. Diese kann bei vielen Brokern so eng nicht eingestellt werden, so dass auch dies manuell erfolgen muss. Nicht alle Broker sind also für das Scalping geeignet. Auch erlaubt nicht jeder Broker diese Strategie. Die Broker können sich einfach nicht schnell genug absichern und machen Verluste, wenn der Trader Gewinn einstreicht.

Wer also mit dieser Strategie erfolgreich werden möchte, sollte sich im Internet vorher schlau machen, welche Broker diese überhaupt zulassen und entsprechend schnell die Order ausführen können. Dazu hilft euch unser Forex Broker Vergleich mit Sicherheit weiter.

Wichtig sind zudem niedrige Spreads, denn es geht ja wirklich nur um ganz geringe Kursbewegungen, deren Gewinne bei einem großen Spread letztlich nicht realisierbar sind, weil sie der Spread vernichtet. Ebenfalls sollte darauf geachtet werden, dass es beim Broker keine Requotes gibt.

Bei Dealing-Desk-Brokern, die durch Mensch oder Rechner die Order im Markt ausführen, kann es zu solchen Requotes kommen. Wenn zum Beispiel Währungen gerade stärker gefragt sind, kann es geschehen, dass die Order vom Broker nicht zum angezeigten Preis platziert wird. Er bietet dem Trader dann einen anderen Preis an, der sich schon mal um ein paar Pips unterscheiden kann. Beim Scalping ist dies natürlich sehr schlecht, da es ohnehin ja nur um ganz kleine Marktbewegungen geht. Der optimale Einstieg ist somit nicht mehr gegeben, unter Umständen passiert der Einstieg dann erst sehr nahe an dem Punkt, wo man eigentlich gerne schon wieder den Markt verlassen hätte. Und dann wäre da ja noch der schon genannte Spread. Es gibt aber zahlreiche Broker, welche den Handel ohne diese Requotes anbieten.

Ein ähnliches Problem sind die sogenannten Slippage. Aus dem englischen übersetzt heißt slippage Schlupf oder gleiten bzw. rutschen. Im Grunde ist das nichts anderes als die Requotes, nur dass der Trader hier nicht mehr entscheiden kann, ob er zu dem geänderten Preis auch handeln möchte. Auch dies kann ein Scalper natürlich nicht gebrauchen und sollte solche Order vermeiden.

Mit dem Scalping können erfahrene Trader in volatilen Märkten sehr schnell, sehr viele kleine Gewinntrades realisieren. Doch dies braucht eine Menge Erfahrung, mentale Stärke, Zeit und entsprechende technische Voraussetzungen, sowie einen zuverlässigen Broker. Anfänger sollten diese Strategie unbedingt erst in Demokonten versuchen, um mit dieser anspruchsvollen Strategie genügend Erfahrungen zu sammeln. Denn ohne diese geht es beim Scalping nicht. Wer schnell die richtige Entscheidung treffen muss, der sollte die entsprechenden Chartmuster kennen und auch die verschiedenen Gegebenheiten der Märkte kennen. Die Ausschläge von Aktien verhalten sich oft eben ganz anders, als dies im Forex-Markt der Fall ist. Trotzdem können noch so viele Bücher und Magazine über das Thema gelesen werden, am Besten bleibt es einfach in das kalte Wasser zu springen und sich das Stück vom großen Kuchen aus dem Markt zu schneiden. Aber nochmal, bitte zuerst mit einem Demokonto. Und nun viel Erfolg beim Scalpieren.


Bildmaterial: © bloomua/Fotolia

 

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