Die Frage, ob man vom Trading leben kann, kann man nicht pauschal beantworten. Dabei spielt selbstverständlich die Frage, wie gut man als Trader ist, eine Rolle. Daneben gibt es aber auch noch ganz andere Faktoren, die den Erfolg als Vollzeit-Trader maßgeblich mitbeeinflussen.
Vom Trading leben: Ein ambitionierter Plan
Wer sich fest vornimmt, in Zukunft rein vom Daytrading zu leben, sollte sich zuerst realistisch damit auseinandersetzen, was das für ihn bedeutet. Es heißt nicht, dass nichts mehr gearbeitet wird und das Geld wie von selbst immer mehr auf dem Konto wird. Im Gegenteil: Daytrading kann ein sehr harter und stressiger Job sein.
Zunächst handelt es sich um einen Job, in dem der Trader nur dann auch Geld verdient, wenn er wirklich aktiv vor dem PC sitzt und handelt. Ist er krank, im Urlaub oder sonst ein Grund, weshalb gerade nicht gehandelt wird, es muss ja nur der PC kaputt sein – dann wird auch kein Geld verdient um davon leben zu können.
Zudem bedeutet es, dass kein festes Einkommen vorhanden ist. Wenn ein Monat einmal richtig schlecht läuft, kann am Monatsende sogar ein hoher Verlust stehen. Dann muss die Kapitaldecke ausreichend hoch sein, um dies über eine Zeit lang auszugleichen – eine Situation die emotional sehr belastend sein kann, vor allen Dingen, wenn Sie sogar ein Familienvater sind.
Die Chancen und Risiken von einem Dasein als Vollzeit-Trader soll dieser Artikel genauer erläutern und Ihnen einen Überblick geben, was es wirklich heißt, vom Daytrading seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Gewinne müssen eine gewisse Konstanz haben
Der Grund ist logisch: Wer nicht konstant Gewinne erwirtschaftet, macht mehr und mehr Verluste und ist schließlich pleite. Davon kann man dann auch logischerweise nicht mehr leben. Daher ist es elementar, dass Sie sich wirklich zutrauen, regelmäßige Gewinne zu generieren, um davon auch leben und vielleicht sogar eine Familie ernähren zu können. Sie müssen sich schonungslos die Frage offen und ehrlich stellen: bin ich gut genug dazu?
Hierbei wäre es die schlechteste Herangehensweise, wenn Sie einfach ihren bisherigen Job kündigen und sich kopfüber ins Trading stürzen.
Wir erinnern uns:
Risiko ist der schlimmste Feind eines jeden Traders.
Nur wer kontrolliert mit Risiko umgeht, hat eine Chance, erfolgreich zu sein. Daher sollten Sie zunächst nichts überstürzen.
Wenn Sie wirklich fest entschlossen sind, vom Trading eines Tages leben zu wollen, dann fangen Sie damit am besten zuerst neben Ihrem normalen Job an. Dies hat zugleich zwei wesentliche Vorteile:
- Sie haben immer noch ihr finanzielles Hauptstandbein, sodass Sie im Zweifelsfall nicht ganz ohne etwas dastehen.
- Zum Anderen, und das ist mindestens genauso wichtig, werden Sie mit dem Leben als Trader konfrontiert und können herausfinden, ob es für Sie wirklich die richtige Entscheidung ist.
Sie sollten den Beruf des Daytraders zu Anfang wirklich nicht unterschätzen!
Ihre Ausgaben, Ihr Kapital und Ihre Disziplin
Hierbei handelt es sich mit um den wichtigsten Aspekt beim Leben als Trader. Wie oben bereits angesprochen, können Sie sich beim Börsenhandel nie auf Gewinne verlassen. Immer kann auch ein noch so gut aussehender Trade im Verlust enden und schiefgehen. Daher spielen Ihre Ausgaben und Ihr Kapital eine nicht unerhebliche Rolle. Dies hat mehrere Gründe. Wenn Ihre monatlichen Ausgaben verhältnismäßig hoch sind und durch Ihren Job oder auch durch Ihre Gewinne beim Daytrading gerade so gedeckt werden können, dann kann es durchaus passieren, dass Sie Probleme bekommen, wenn einmal eine Durststrecke eintritt. Nicht nur von Ihrem persönlichen Erfolg hängt auch eine gute Zeit als Trader ab, sondern auch in nicht unerheblichem Maße vom Markt selbst. In den Sommermonaten beispielsweise ist das Handelsaufkommen nicht immer konstant hoch. Dies wird oft als sogenanntes „Sommerloch“ bezeichnet. Wenn das Volumen im Markt fehlt, ergeben sich deutlich weniger Möglichkeiten, profitabel zu handeln.
Wenn Sie also „am Limit“ leben, kann es deutlich zu Ihrem Nachteil sein, wenn die Gewinne einmal eine Weile ausbleiben. Falls Ihr Trading dann momentan Ihr einziges finanzielles Standbein ist, kann dies im schlimmsten Fall zur Pleite führen.
Beim Beruf Trader ist es also nicht nur wichtig, wie viel Sie verdienen, sondern auch, wie viel Sie monatlich zum Leben ausgeben. Eine ausreichend große Kapitaldecke kann Sie eine Weile schützen. Aber auch diese ist schnell verbraucht, wenn Sie eine Familie zu ernähren haben. Daher sollten die monatlichen Ausgaben so kalkuliert werden, dass auch eine Durststrecke Sie nicht allzu schnell in die Enge treiben kann. Gerade beim Vollzeit-Trading gehört dies maßgeblich zu einem guten Risikomanagement.
Der zweite wichtige Punkt bei der Planung ist das Kapital, welches zum Trading eingesetzt wird. Einerseits sollten Sie ein ungefähres Ziel haben, wie Ihre Performance aussehen soll. Ein Ziel zwischen 1% und 3% monatlich ist erreichbar, ist aber auch bereits ambitioniert und erfordert viel Geschick, Erfahrung und Disziplin. Sie sollten einmal realistisch beurteilen, wie hoch eine Verzinsung am aktuellen Kapitalmarkt ist, wenn Sie kein Risiko eingehen wollen. Diese tendiert anhand der momentanen Leitzinspolitik gegen Null. Sprich im Umkehrschluss: Ziele von 8% und aufwärts monatlich, die von manchen Gurus verbreitet werden, sind schlicht und einfach nicht realistisch.
Diese Gewinne wird niemand auf Dauer erwirtschaften und sie sind, wenn überhaupt, mit einem extrem großen Risiko verbunden, beispielsweise durch Einsatz eines viel zu hohen Kapitals pro Trade. Wir wissen mittlerweile, wie schnell dies zum Totalverlust führen kann.
Wenn Sie sich also entschließen, vom Daytrading leben zu wollen, dann brauchen Sie ein Kapital, das Ihnen bei einer Verzinsung um 1% monatlich genug abwirft, um davon alle Kosten zu decken. Gehen wir von monatlichen Gesamtkosten von ca. 1800,- € aus, dann benötigen Sie, um Ihr Risiko in Grenzen zu halten, ein Kapital von mindestens 180.000,- €. Reduzieren Sie Ihre Ausgaben entsprechend, können Sie auch mit geringerem Kapital bereits vom Traden leben.
Es soll lediglich eine Vorstellung der realistischen Gegebenheiten sein. Natürlich ist es theoretisch möglich, auch 3% und mehr monatlich zu erwirtschaften. Wenn Sie aber weiterhin beachten, dass auch bereits risikobehaftete Geldanlagen wie Unternehmensanleihen Ihnen 3% im Jahr bringen, dann sind 3% im Monat wirklich extrem ambitioniert.
Trading ist durchaus als Job zu betrachten
Wer davon überzeugt ist, eines Tages seinen Lebensunterhalt als Trader zu bestreiten, braucht auch eine gute Vorbereitung abseits des Börsenhandels. Zunächst ist Ihre Lebenssituation, in der Sie sich momentan befinden, zu analysieren. Erlaubt diese einen Ausstieg aus einem sicheren Job und einen Einstieg in die windigen Schwankungen des Forex-Marktes? Haben Sie beispielsweise einen Kredit abzuzahlen und sind darauf angewiesen, monatlich einen gewissen Betrag an die Bank zahlen zu können? Diese und ähnliche Fragen sollten Sie vorher genau durchdenken.
Zudem brauchen Sie den Rückhalt Ihrer Familie. Trading bedeutet durchaus genauso harte oder sogar härtere Arbeit als ein Job im Angestelltenverhältnis. Sie sind als Trader ein Freiberufler. Sie müssen sich um eine Krankenversicherung und eine Absicherung für Ihre Familie nun selbst kümmern, Sie haben die Risiken für Ihr Leben nun vollständig selbst in der Hand. Können und wollen Sie das auch verantworten?
Sie sollten sich ebenfalls darauf einstellen, dass Ihre Arbeitszeiten marktabhängig sind. Sie müssen sich danach richten, dass Sie dann arbeiten, wenn das Handelsvolumen hoch ist und dann auch wirklich auf die Arbeit konzentrieren. Auch, wenn Sie eigentlich zu einer bestimmten Tageszeit etwas anderes vorhaben, geht in diesem Fall die Arbeit vor. Das ist nicht immer einfach. Wie oben angesprochen, kann es zu bestimmten Jahreszeiten zu einer moderaten Flaute im Forex- und Aktienmarkt kommen, sodass Sie darauf angewiesen sind, dann zu handeln, wenn der Markt günstig ist. Die Börse ist sozusagen Ihr neuer Arbeitgeber, der Ihnen sagt, wann Sie arbeiten müssen. Urlaub und Krankheit interessieren die Börse nicht.
Wenn Sie Kinder haben, müssen Sie die Familie und die Börse unter einen Hut bringen.
Risiken richtig einschätzen
Wenn Trading bereits das finanzielle Hauptstandbein geworden ist, sollte es nicht nur um das regelmäßige Einkommen, sondern auch um den Kapitalerhalt gehen. Wichtig ist es ganz besonders, dass nicht vom Kapital gelebt wird, sondern von den Einnahmen. Hierbei darf das Kapital nicht schrumpfen, sondern sollte sich im Optimalfall sogar vermehren.
Die Rechnung ist denkbar einfach:
Bei einer Verzinsung von X% (also dem regelmäßigen Einkommen), welche Sie durch immer wiederkehrende Anlage Ihres Kapitals erreichen, ist das Einkommen umso höher, je mehr Kapital Sie zur Anlage aufwenden können. Haben Sie also monatlich einen Gehaltsüberschuss, erhöhen Sie nicht stetig Ihren Lebensstandard, sondern investieren Sie das Kapital. So sichern Sie sich auf Dauer ein höheres Einkommen.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass das Kapital nicht angetastet wird, sondern es als Arbeitsmittel verstanden wird. Je weniger Sie haben, desto geringer wird auch das Einkommen sein. Außer im absoluten Notfall darf also nichts vom Tradingkapital genommen werden. Tun Sie so, als wäre es gar nicht da und rechnen Sie es auch nicht in Ihren persönlichen Kapitalstock oder den Ihrer Familie mit ein. Sie benötigen dieses Kapital, um überhaupt als Trader arbeiten zu können.
Fazit
Als Trader zu leben und damit sein Gehalt zu verdienen ist eine verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe. Sie sollten Ihre Lebensumstände zunächst auf Herz und Nieren prüfen, um zu entscheiden, ob diese einen beruflichen Umstieg zulassen. Wenn Sie es wirklich umsetzen, müssen Sie viel Disziplin haben und auch systematisch Ihre Chancen und Risiken analysieren. Es geht jetzt nicht mehr um ein Nebengehalt oder ein Hobby – Sie traden, um davon zu leben. Wenn Sie jedoch diszipliniert sind und ihr Leben an die Tätigkeit als Vollzeit-Trader anpassen, kann der Umschwung gelingen und sogar Spaß machen. Sie sind unabhängig und selbständig. Vergessen Sie jedoch nie, dass dies auch eine hohe Verantwortung mit sich bringt.
Wenn Sie es schaffen, Ihr Kapital regelmäßig aufzustocken und trotzdem risikobewusst bleiben und sich fest an Ihre Regeln halten, wird auch Ihr Einkommen regelmäßig steigen. Vertrauen Sie jedoch nur sich selbst – und nie dem Finanzmarkt.
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