Fundamentale oder Technische Analyse
Strategien & Wissen

Die Grundlagen der technischen Analyse

Charts sind toll! Ein kurzer Blick genügt, um zu wissen, wann man hätte kaufen oder verkaufen sollen. Jetzt fehlt nur noch eine Zeitmaschine …

Spaß bei Seite, natürlich weiß man es im Nachhinein immer besser, aber bekanntlich wiederholt sich die Geschichte von Zeit zu Zeit. Die technische Analyse ist kein Wunderwerkzeug und wird auch nicht immer brauchbare Ergebnisse liefern. Man kann sie aber wunderbar als Unterstützung einsetzen, um zumindest potentielle Einstiegspunkte zu filtern.

In diesem Artikel werden wir einige Gedankengänge beschreiben, mit denen man einen Markt relativ schnell und einfach analysieren kann.

 

Was macht man bei der technischen Analyse?

Man kann ein Chart mit einer breiten Masse an Indikatoren überziehen, jeden Preis in seine Atome zerlegen und mit komplexen Formeln wissenschaftlich beweisen, dass das meistens verschwendete Zeit war. Man könnte die Zeit aber auch nutzen, um sich auf das Wesentliche zu beschränken.

Behalten Sie folgenden Satz im Hinterkopf:

Der Markt basiert auf Angebot und Nachfrage.

Wodurch bestimmen sich Angebot und Nachfrage? Durch die Mehrheit der Trader.

Und was veranlasst die Mehrheit der Trader zu Ihren Handlungen? Meinungen, Gefühle und das, was die Mehrheit macht.

Ein System am Markt funktioniert schon dann, wenn die breite Masse daran glaubt.
Warum? Weil die Mehrheit dann danach handelt.

Und worauf läuft das jetzt hinaus? Wir werden anhand eines Charts analysieren, was die breite Mehrheit vermutlich tun wird und uns (theoretisch) einfach anschließen.

 

Wie soll das funktionieren?

Als kleines Theoriespiel betrachten wir folgendes Chart und legen einen beliebigen Punkt als „Jetzt″ fest. Jegliche Überlegungen basieren auf der Annahme, dass wir uns gerade bei „Jetzt″ befinden würden und der Rest des Charts noch unsichtbar wäre.

Springen wir zunächst in der Zeit zurück (13.04.2015) und sehen uns EUR/USD an.

EUR/USD Chart

Der schwarze Kasten ist die Zukunft. Wir sehen also nicht, was dort passiert. Wir stellen uns nun einige Fragen bezüglich des Charts.

Wie sehen RSI und Moving Average gerade aus?
Wo ist der Preis auf Support und Resistance gestoßen?

Die Überlegungen sind zunächst eher langfristig ausgelegt, weswegen uns egal sein kann, dass die Indikatoren ein wenig verzögert reagieren.

EUR/USD Chart inkl. RSI Indikator

Wir stellen auf den ersten Blick also fest:

Der RSI ist überverkauft, was dafür spricht, dass der Kurs nach oben korrigieren könnte.
Wir befinden uns zudem recht nahe am Tiefpunkt, welcher ja bereits einmal gehalten hat. Das Risiko hält sich also zunächst in Grenzen.
Der MA100 nähert sich dem MA200, was wiederum bei einem Durchbruch als Long Signal gelten würde.
Wenn wir tendenziell eine Long Position in Betracht ziehen, wäre die nächste Frage, wo die Ziele zu platzieren sind.

Zum Einen wären die Widerstandszonen interessant, beziehungsweise etwas davor. Es ist gut möglich, dass der Markt diese erneut antasten wird. Zweitens sind Fibonacci-Level bei sehr vielen Tradern beliebt. Das macht Sie nicht etwa zum heiligen Gral, aber wie bereits festgestellt wurde, bewegt die Masse den Markt. Wenn also viele Trader auf diese Level zielen, kann es gut sein, dass allein dadurch der Kurs in diese Richtung wandert.

An dieser Stelle ein kurzer Exkurs: „Harmonic Trading″ basiert fast ausschließlich auf Fibonacci-Zahlen und den daraus resultierenden Preisleveln. Hierbei geht man davon aus, dass bestimmte Muster (Pattern) immer wieder auftreten. Diese Muster bestimmen sich aus festgelegten Kursbewegungen zwischen verschiedenen Fibonacci-Punkten. Wenn ein Pattern vollständig ist, folgt danach mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit eine vorhersehbare Bewegung.

Dies hat mit den Grundlagen zwar nicht viel zu tun, spricht aber dafür, den Fibonacci-Tools eine gewisse Aufmerksamkeit zu widmen. Wer sich damit nicht allzu stark beschäftigen möchte, merke sich einfach zwei bestimmte Level: 61,8 % und 38,2 %. Dies sind mitunter die wichtigsten Kennzahlen, wenn man sich nur aufs Retracement beschränkt.

Kleines Beispiel:

EUR/USD Resistance Zone

Man konnte feststellen, dass die Resistance Zone zum zweiten Mal angetastet wird (auf den kurzen Zeitraum betrachtet). Geht man davon aus, dass sie erneut halten wird, könnte man auf den Retrace setzen und potentiell die Fibonacci-Level als Ziele sehen. Das klappt zwar auch nicht immer, ist aber als Informationsquelle nicht verkehrt.

Nebenbei bemerkt: Die letzte größere Bewegung nach unten, mit ein bisschen Fibonacci bemalt, ergibt folgendes Bild.

EUR/USD Fibonacci

Hierbei sei zu erwähnen, dass man die Fibonacci-Level bereits am 15.03.2015 genau so einzeichnen konnte.

Bevor Sie nun aber direkt losrennen und wie wild Fibonacci Level einzeichnen, man hätte Sie auch am 08.03.2015 einzeichnen können.

EUR/USD Fibonacci im Chart

Fibonacci kann wunderbar als Unterstützung bei der Zielfindung eingesetzt werden, beantwortet aber nur selten die Frage, wann man eine Position eröffnen sollte. Eine Strategie sollte immer mehrere Kriterien beinhalten.

 

Chartbeispiel: Grundlagen der technischen Analyse

Zurück zum Hauptthema: Wir befinden uns weiterhin am 13.04.2015 im Markt und möchten Long gehen. Wir wollen nun potentielle Ziele ermitteln.

Technische Analyse

Da das Chart auf den ersten Blick vermutlich dem Kunstwerk eines Grundschülers entspricht, hier einige Erläuterungen, warum die einzelnen Punkte so gewählt wurden.

Stops: Diese liegen unterhalb des Tiefs. Geht der Markt weiter nach unten, liegen wir wohl falsch und steigen aus. Es kann jedoch gut sein, dass der Markt das Tief erneut antastet, weswegen wir uns ein Stück darunter platzieren, anstatt genau darauf.

#1: An dieser Stelle hat der Markt zuvor Unterstützung gefunden. Eine der Grundregeln bei Widerstand und Unterstützung lautet:

Wird es durchbrochen, wird es zum Gegenstück. Widerstand wird zu Unterstützung und Unterstützung wird zu Widerstand.

Das erste Ziel liegt also etwas darunter, für den Fall das der Markt diese Zone antastet, aber nicht durchbricht. An dieser Stelle würde die Position tendenziell auch abgesichert werden, sprich die Stops werden nun über dem Einstiegspunkt platziert. Alle weiteren Ziele sind nun ein Bonus und man kann sich zurücklehnen.

#2: Innerhalb dieser Zone hat der Markt mehrfach die Richtung gewechselt. Hier herrscht also bei vielen Tradern eine unterschiedliche Meinung, wo der Kurs hingehört. Wir platzieren uns demnach irgendwo mittig darin und schauen, ob dieses Mal die Bullen gewinnen.

#3: Hier hat sich eine starke Widerstandszone gebildet, die bereits drei Mal gehalten hat. Wir gehen davon aus, dass sie bei einer Korrektur wahrscheinlich noch ein viertes Mal getestet wird.

#4: Sofern wir das dritte Ziel erreichen, steht zunächst kein großartiger Widerstand im Weg. Bei dieser Zone hat der Markt ebenfalls länger überlegt, wohin es nun gehen soll. Ergo platzieren wir uns wieder relativ mittig und warten ab.

#5: Diese Zone verhält sich im Prinzip genau wie die Vierte. Der Markt war sich hier unschlüssig.

Wir beschränken uns hier auf fünf Ziele, auch wenn man das Spiel noch eine Weile weiter spielen könnte. Die Bewegung hat von #5 zum Tiefpunkt hat bereits mehrere Wochen gedauert. Je weiter Ihre Ziele weg liegen, desto länger wird es logischerweise dauern, diese zu erreichen.

Soviel zur Theorie, wie wäre das nun verlaufen? Springen wir zwei Wochen in die Zukunft.

EUR/USD Zukunft

Ziel #1 und #2 sind getroffen, die Stops bereits bei Break-Even. Der MA100 nähert sich dem MA200 immer dichter, alles spricht dafür, dass wir weiterhin gute Chancen haben, auch wenn der Markt gerade wieder abfällt. Die Positionen sind ja abgesichert, also kann nicht viel passieren.

Vorspulen zum 11.05.2015:

EUR/USD Chart 11.05.2015:
Der MA100 durchbrach den MA200, was das Long Signal verstärkte. Der Markt kletterte Stufenweise nach oben und räumte nach und nach die Ziele ab. Zwischenzeitlich hätte man die Stops auch nachziehen können, je nachdem wo sich gerade Unterstützung bildet. Dies bleibt dem Trader überlassen, wer aber zu früh nachzieht, stoppt sich eventuell aus, bevor der Markt weiter in die gewünschte Richtung läuft.

Und wie ging es danach weiter?

Charttechnik

Die schwarzen Linien entsprechen den einzelnen Zielen des Beispiels. Diese basierten, wie bereits erwähnt, auf verschiedenen Widerständen und Unterstützungen. Am roten Kasten ist die letzte Position geschlossen worden, danach ging der Markt wieder seinen Weg. Betrachtet man den weiteren Kursverlauf, sieht man des Öfteren, wie Widerstand und Unterstützung sich gegenseitig abgewechselt haben. Dies verdeutlicht auch, dass beide nicht zwingend richtig liegen, aber dennoch häufig genug ein wunderbarer Indikator sein können.

Fazit zu den Grundlagen der technischen Analyse

Dieser Artikel kratzt lediglich an der Oberfläche von technischer Analyse, da man mit der Materie problemlos mehrere Bücherregale füllen könnte. Man kann die Gedankengänge beliebig erweitern, wer zum Beispiel noch weitere Indikatoren zur Hand zieht, Widerstand und Unterstützung auf mehreren Zeiträumen aufbaut und eventuell auch noch nach Pattern sucht, kann sich damit wunderbar eine Strategie für Ein- und Ausstiegspunkte zusammen bauen. Pending Orders sei Dank, muss man dann noch nicht einmal aktiv darauf warten, dass der Markt sich zum Einstiegspunkt bewegt. Natürlich ist trotzdem Vorsicht geboten, denn selbst die beste Analyse kann schnell von einem Zinsentscheid verworfen werden. Wie üblich, spielt auch hier das Money Management eine Rolle, speziell bei Pending Orders.

Zusammenfassend gesagt, wenn Sie die Zeit und Lust haben, sich näher mit der technischen Analyse zu beschäftigen, ist sie eine wunderbare Erweiterung für ihren Werkzeugkasten.

Das Beste daran? Die technische Analyse funktioniert nicht nur bei Währungen, sie kann genauso gut bei Aktien, Rohstoffen und Indizes angewandt werden, die Theorie bleibt immer gleich.

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